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Bocas del Toro Archipel

Ich befinde mich bereits seit einigen Tagen hier auf dem kleinen, karibischen Insel Archipel von Bocas del toro im Nordwesten von Panama. Viele Reisende kommen hier her, um für einiges an Geld die Karibik zu erleben ( Palmen am Strand, Strandbars und Partys im weisen Sand). Als ich hier auf der Isla Colon ankam, dachte ich zunächst auch an die paradiesischen Strände. Doch schnell habe ich feststellen müssen, dass die meisten Einheimischen hier noch nicht mal fließend Wasser zu Hause haben. Viele Familien sind von starker Armut betroffen und leiden unter den hohen Preisen für Lebensmittel weil die meisten Supermärkte in chinesischer Hand sind und diese haben sich auf die reichen Touristen spezialisiert. SO kann ich mich nicht einfach an den Strand legen und genießen während Kinder nicht zur Schule gehen können und jeden Tag das gleiche Essen müssen(!). Das kann man glaube ich nur verstehen, wenn man es mal gesehen und erlebt hat. Es gibt dann meistens kalten oder lauwarmen Maisgrieß. Die Insel gleicht einem kleinen Slum mit ein paar Hotels direkt am Ufer, so dass die Menschen hier nicht einmal richtig Zugang zum Meer haben. Ich wollte schon immer mal helfen wenn Menschen in Not sind bzw. Menschen ein Lachen ins Gesicht zaubern, obwohl es ihnen wirklich nicht gut geht. Nun habe ich die Chance dazu und werde diese auch nutzen!

Impressionen von der Isla Colon in Panama / Unterschlupf von Alessandros Familie (Bild rechts)


Ich bin in einem dieser Hostels am Ufer untergebracht. Warmes Wasser und jeden Tag ein kleines Frühstück. Eigenes Taxiboot direkt zu den anderen Inseln. Ich möchte diesen ganzen Luxus gerade nicht mehr. Ich spreche mit der Hostelleitung und frage wo ich mich hinwenden kann und ob es dann möglich wäre meine gebuchten Nächte zu stornieren. Er stimmt zu!

Er gibt mir die Empfehlung mich an die "Floating Doctors" zu wenden. Eine Gruppe junger Ärzte aus der ganzen Welt, welche mit dem Boot zu Notfällen in den Regenwald fahren. Sie erinnern mich ein bisschen an "Ärzte ohne Grenzen". Die FD sind immer mal wieder in einer Sprachschule untergebracht, welche auch Zimmer anbietet. Am nächsten Tag bin ich gleich dort hin um mich zu erkundigen.

Ich bekomme ein Zimmer! Und darf 1. Spanisch lernen 2. neue Leute kennen lernen 3. Mit Kindern aus den Slums zusammenarbeiten unter Anleitung eines Mitarbeiters. Mit in den Urwald fahren nur Festangestellte und Doc's (was ich aber auch verstehen kann). Ich werde Garry (Aus Kalifornien) zugeordnet, welcher bereits Vertrauen zu den Eltern der Kinder aufgebaut hat und mir beim Spanisch sprechen mit den Kids hilft. Das Zimmer hat 6 Betten und es gibt nur kaltes Wasser für 3 Minuten pro Person zum Duschen am Tag. Eben kein Luxus mehr, was mir aber auch egal ist wenn ich die Situation der Einheimischen anschauen muss. Ich bin aufgeregt was mich am nächsten Tag erwartet!

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück lerne ich Favio und Alessandro kennen. Zwei kleine Jungs aus der Nachbarschaft. Ohne Berührungsängste :-D Sogleich wollen sie alles mögliche von mir wissen und reden unheimlich schnelles spanisch und sind sichtlich aufgeregt. Ich verstehe kein Wort. Immer wieder berührt mich Alessandro und tippt mir auf den Bauch und gleich danach auf den Boden. Ich versuche ihm zu erklären, dass ich hier bleibe und mit ihnen spielen werde. War aber wohl die falsche Antwort... er verdreht die Augen und lacht. Er wirbelt mit den Armen und macht eine Flugzeuggeräusch und tippt wieder auf den Boden und frägt " Americano...? Frances...?. Nun habe ich es auch verstanden: Wo ich denn herkomme und wie alt ich bin wollte er letztendlich wissen. Wir lachen alle herzlich und nun kann ich auch auf spanisch sagen wo ich herkomme und wie alt ich bin! 

Gleich darauf drückt er mir seinen neuen Baseballhandschuh in die Hand, welcher er von Garry geschenkt bekommen hat und will dass wir uns den Ball hin und her werfen. Das Eis ist gebrochen. Wir spielen zwischen Müllsäcken und Straßenhunden aber diese Freude in den Gesichtern der Kinder lassen mich den Ort des Geschehens kurz vergessen. Nach einer halben Stunde kommt Alessandros Mutter mit weiteren Kindern vorbei! Sie erzählt mir auf Englisch, dass sie insgesamt 6 Kinder hat und ihr Mann aggressiv gegenüber der Familie reagiert auf Grund seines Drogenkonsums. Der Klassiker hier auf der Insel. Sie sei einfach unendlich Glücklich, dass wir auf der Insel sind, auch wenn sie immer sehr skeptisch sei wenn neue Leute mithelfen. Kann ich verstehen, nachdem  man solch eine Leidensgeschichte hinter sich hat. Auch Elektrizität gäbe es selten und fließend Wasser gibt es auch nicht. Täglich gibt es Maisgrieß da es wegen der langanhaltenden Dürre kaum Früchte gibt. Joah nun stehe ich hier als stinkreicher Westeuropäer! Ziemlich komisches Gefühl. Favio unterbricht die Situation und fordert mich auf zu einem weiteren Spiel. Die Mutter winkt lachend ab und ruft "GO! GO!" und verschwindet wieder unter der grauen Plane des "Hauses". 

Alessandro, Ihrwisstschonwer, Favio vor der Sprachschule


Der Tag darauf beginnt mit einem Frühstück mit Garry. Er erklärt mir wie die Tagesstruktur aussieht. Zuerst sollen wir einkaufen gehen und dann die Küche sauber machen. Dann kommen auch schon die ersten Kids (3 Stück). Alessandro war auch wieder dabei, er hält die anderen Kids ein bisschen zusammen! Heute steht das Angeln auf dem Programm. Die meisten Kinder hatten noch nie eine Angelrute in der Hand, also entscheiden wir uns erst mal ein paar Trockenübungen an Land mit Bleigewichten und ohne Haken zu machen. Besser so! Der erste Junge schmeißt gleich die gesamte Angel mit dem Bleistück die halbe Straße hinunter. Wenige Minuten später hat sich die Leine mit dem Bleistück in einer isolierten Stromleitung verheddert, welche quer über die Straße gespannt ist. Wir hatten auf jeden Fall einen großen Spaß, auch wenn es von uns Betreuern eine menge Geduld abverlangt. Nach einer Stunde verlagern wir unseren Standort an den Fähranleger von Bocas. Dieses Mal mit Haken und Wasser. Wir machen es vor, danach lassen wir die Kinder unter Aufsicht ran. Mit der Zeit kommen immer mehr Kinder an den Fähranleger unter ihnen auch der kleine Antonio! Antonio ist sehr zurück haltend, spricht kein Wort und wird von den anderen Kindern eher nicht beachtet. Dennoch scheint es eine richtige Attraktion zu werden. Ein kleiner Junge welcher nicht die Trockenübung mitgemacht hatte, will es auch ausprobieren.Er bekommt Privatunterricht von Garry. Es scheint gut zu klappen aber es kommt, wie es kommen musste! Man hätte die Flugbahn der Angelroute mit einem woooooOOOOOOOOOHHHHHHHHAAAAAAAaaaaaaaaaa! beschreiben können. Zu allem Überfluss schwimmt solch eine Angel auch nicht auf dem Wasser und geht sofort unter. Garry und ich stehen auf dem Pier und malen mit großen Augen die Flugbahn nochmal nach. Aber da sind Panamaer einfach pragmatisch. Der kleine, stille Junge (vllt 7 Jahre) am Pier zieht sein Shirt aus und springt in Jogginghose der Rute hinterher. Und tatsächlich, er schafft es die Angel zu retten! Die anderen Kinder jubeln ihm zu als hätte er das 1:0 in einem Fußballendspiel geschossen. Es war der zurückhaltende Antonio! Wahnsinn.

 

Natürlich haben wir auch etwas gefangen, was die Kinder dann mit nach Hause nehmen konnten für ihre Familien. 

 

 

Und was soll ich sagen: Ein unglaublicher Tag geht zu Ende und ich als weiser Riese in einem Meer aus tanzenden Kids mit strahlenden Augen! Rührend!

Hier ein paar Impressionen von den vergangenen Tagen.

 

Wenn ich an die vergangene Woche denke, dann vermisse ich die von Touristen überschwemmten und verschmutzen Strände rein gar nicht :)

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Kommentare: 1
  • #1

    Regina (Freitag, 10 Mai 2019 15:37)

    Hallo Lars,
    ich wusste ja schon viel. Aber das alles noch einmal zu lesen macht schon Nachdenklich. Die Bilder untermahlen Deine Beschreibungen doch sehr genau. Ich freue mich aber, dass du wenigstens für eine kurze Zeit ein paar Kindern echte Freude bereitet hast. Du wirst denen bestimmt lange in Erinnerung bleiben. Ich finde das Super von Dir.